Sterneköche: Überlebenskampf in der Parallelwelt?

Pyramide aus Mousse au Chocolat - Rietkötter

Wie unter anderem N-TV berichtet, wurde der schweizer Spitzenkoch Benoît Violier am 31.01.2016 leblos in seiner Wohnung gefunden. Der Chef des Drei-Sterne-Restaurants „L’Hôtel de Ville“, das laut dem Bericht erst kürzlich als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet wurde, soll sich das Leben genommen haben, nachdem er einem massiven Betrug zum Opfer gefallen war und dadurch einen immensen finanziellen Verlust erlitten haben soll.

Etliche Sterneköche fordern ein Umdenken

In den Reaktionen auf den schockierenden Selbstmord fordern etliche Sterneköche unter anderem laut einem Bericht des FOCUS nun ein Umdenken in der Spitzengastronomie. So äußerte sich zum Beispiel die Spitzenköchin Meta Hiltebrandt mit den Worten: „Unser Beruf ist knallhart. Du krüppelst 18 Stunden am Tag und kannst es gewissen Gästen doch nie recht machen“. Auch wenn inzwischen bekannt wurde, dass Benoît Violier wohl nicht in erster Linie ein Opfer des enormen Drucks in der Spitzengastronomie wurde, so hängt sein Selbstmord wohl doch auch mit diesem zusammen. Denn in Spitzenrestaurants muss einfach alles passen und schon der Verlust eines Sterns kann für einen Koch in dieser Liga die größte Katastrophe sein, die passieren kann.

Auch Starkoch Tim Mälzer äußerte sich in der Berliner Morgenpost zum Thema. Er wird dort mit den Worten zitiert: „Diese Köche stehen unter einem Höllendruck. Was dort geleistet wird, ist purer Hochleistungssport. Und zwar Tag für Tag“. So ist es kein Wunder, dass es immer wieder auch Köche gibt, die dem Druck nicht standhalten. Benoit Violier sah für sich erschütternderweise nur den Ausweg in den Suizid.

Stress der Sterneköche ist nur wenigen bewusst

Problematisch ist dabei auch, dass Sterneköche oft in einer Art Parallelwelt arbeiten. Die Gäste sehen oft nur den Glanz des Restaurants und das tolle Essen, sind sich der teils höllischen Arbeitsbedingungen hinter der Küchentür allerdings gar nicht bewusst und einigen kann man es obendrei niemals wirklich recht machen. Dabei ist das Ziel der meisten Köche wohl, die Gäste zu erfreuen und zufriedenzustellen, was den Stress dann noch einmal vergrößert. Dies fasst auch der Berliner Sternekoch Kolja Kleeberg in der Berliner Morgenpost treffend zusammen: „Zwischen 19 und 22 Uhr herrscht in der Gastronomie purer Stress. Da gibt jeder Vollgas.“

Die Forderung eines Umdenkens ist daher nur nachvollziehbar. Die Arbeitsbedingungen für Spitzenköche sollten deutlich mehr in den Fokus der Gäste rücken und auch bewusster nach Außen getragen werden, um ein humaneres Arbeiten zu ermöglichen. Dies ist auch deshalb wichtig, da der Stress bereits in der Ausbildung anfängt. Bereits im letzten Jahr berichteten wir auf restaurant-reporter.de in einer Artikelserie über die Arbeitsbedingungen in der Kochausbildung und kamen dort zu der Erkenntnis, dass Stress und Druck bereits hier vorhanden sind.

Die wenigsten Menschen würden wohl unter solchen Bedingungen arbeiten wollen und daher ist es meiner Meinung nach dringend an der Zeit, dass ein Umdenken eingeleitet wird. Gerade auch in Zeiten, in denen psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Burn-Out immer mehr in den Fokus rücken, ist es kaum verständlich, dass in der Spitzengastronomie eine Art Parallelwelt existiert, die eigentlich die perfekten Voraussetzungen beinhaltet einem Burn-Out oder Schlimmerem zum Opfer zu fallen.

Quellen: Artikel auf n-tv.de, focus.de und morgenpost.de

Artikelbild: restaurant-reporter.de / Kai Hoffmann