Mindestlohn: Fluch oder Segen?

artikelbild_mindestlohn

Seit dem 01. Januar 2015 gilt in Deutschland der Mindestlohn von 8,50 Euro. Zeit, das oftmals heiß diskutierte Thema nach dem ersten halben Jahr einmal genauer zu betrachten. Wie hat sich der Mindestlohn in der Gastronomie ausgewirkt? Gab es die befürchteten Preissteigerungen bzw. Stellenstreichungen oder ist doch alles viel besser als vorher? Ist der Mindestlohn Fluch oder Segen für die Gastronomie?

Mindestlohn ist offenbar Fluch und Segen zugleich

Betrachtet man verschiedene Pressequellen, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Mindestlohn scheinbar Fluch und Segen zugleich ist. So spricht der DGB Bezirk Nord in einer Pressemitteilung vom 02. Juni 2015 davon, dass der Mindestlohn in Schleswig-Holstein eine Erfolgsgeschichte sei. Weiter heißt es in der Meldung, dass sich der Trend der Umwandlung von geringfügiger Beschäftigung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Schleswig-Holstein fortsetze. Uwe Polkaehn, der Vorsitzende des DGB Nord sagt dazu: „Damit setzt sich die Erfolgsgeschichte Mindestlohn fort. Es wurde höchste Zeit, der Arbeit ein Stück Würde zurückzugeben.“

Diese Ansichten unterstützt auch die AHGZ in einem Artikel, der ebenfalls am 02. Juni 2015 erschienen ist. In dem Bericht heißt es, dass zuvor befürchtete Stellenstreichungen im Gastgewerbe, nach Informationen der Arbeitsagentur Nord, die Branche gar nicht erreicht hätten. Gleichzeitig sei ein Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Stellen zu bemerken, während die Arbeitslosenzahlen weiter sinken. Ist also alles toll und wunderbar seit der Mindestlohn eingeführt wurde?

Nicht überall herrscht eitel Sonnenschein

Geht man nach einer Pressemitteilung des DEHOGA Thüringen vom 20. Mai 2015 ist dies absolut nicht der Fall. Die Präsidentin des DEHOGA Thüringen, Gudrun Münnich, wird in der Meldung mit den Worten zitiert: „Es war abzusehen dass nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes die Anzahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse sinken wird. Niemand jedoch hat mit einer solchen Zahl des Abbaus gerechnet, wie sie gestern von der Minijob-Zentrale verkündet wurde.“

So seien besonders in den neuen Bundesländern und speziell in Thüringen mit einem Minus von 6,6 Prozent die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse deutlich eingebrochen. Besonders das seit Einführung des Mindestlohnes viel stärker in den Mittelpunkt gerückte Arbeitszeitgesetz macht dem Gastgewerbe zu schaffen. Gudrun Münnich ergänzt in der Pressemitteilung des DEHOGA Thüringen: „In meinem Unternehmen habe ich Bedarf insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende. Bei schönem Wetter, welches ich nur sehr bedingt vorhersehen kann, brauche ich Mitarbeiter in meinem Biergarten. Dieser Arbeitsanfall ist nicht kontinuierlich. Dafür kann ich gar keinen zusätzlichen Arbeitsplatz schaffen, weil dieser schlicht und ergreifend nicht zu bezahlen ist. Wenn also die Politik weiter den Einsatz von Aushilfen einschränkt, dann muss sich keiner wundern und uns dann als Dienstleister vorwerfen wir würden nicht wollen. Dabei werden wir gezwungen Ruhetage einzuführen,  Öffnungszeiten einzuschränken oder eben Veranstaltungen pünktlich, egal wie die Stimmung ist, zu beenden.“

Ein Bericht auf svz.de vom 16. Mai 2015 unterstützt diese Einschätzung. Dort heißt es, dass Gastronomen in Mecklenburg-Vorpommern auf den Mindestlohn mit Personaleinsparungen und Preiserhöhungen reagiert hätten, was eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben habe. So soll das Preisniveau im Gastgewerbe im April 2015 rund 4,8 Prozent höher gelegen haben, als im Vorjahr.

Nutzer der AHGZ-Webseite sprechen von Schönfärberei

Auch im Kommentarbereich unter dem Artikel der AHGZ gehen die Meinungen der Nutzer auseinander. So spricht User Claus Menke zum Beispiel von Schönfärberei. Er schreibt: „Klar kommt aufgrund des Mindestlohn in dieser Jahreszeit keine Kündigungswelle. Die starken Gastronomiemonate (vorallem für Terassengeschäfte u.ä.) kommen jetzt, da wird keiner das Personal entlassen. Die Folgen in unserer Branche werden wir spätestens nächstes Jahr schwarz auf weiss sehen. Bin gespannt wie die Statistik dann interpretiert wird.“

Nutzer Ralph Senkel entgegnet: „Die reine Erhöhung auf Mindestlohn dürfte kaum einen wirklich treffen. Für weniger als 8,50€ finden wir bei uns schon lange keinen brauchbaren Mitarbeiter. Allerdings ist die strenge Arbeitszeitregelung das schlimmere Übel. Wenn dies wirklich so konsequent kontrolliert wird, bleibt vielen Betrieben keine Möglichkeit, als den betrieb zu schließen oder nur noch an Wochenenden zu öffnen. Vergleichbares ist in Dänemark aufgrund einer übertriebenen Mindestlohnpolitik geschehen. “

Unterschiedliche Seiten behaupten also unterschiedliche Dinge und im Kern aller Aussagen wird wohl einiges an Wahrheit stecken. Das Gesamtbild ist aber scheinbar eher durchwachsen. Ob der Mindestlohn wirklich zu Verbesserungen führt, wird wohl auch eng mit dem Arbeitszeitgesetz zusammenhängen, das vor allem im Gastgewerbe derzeit einige Probleme aufwirft. Man wird sehen, ob und wie die Politik reagiert und zu welchen Ergebnissen dies führen wird. Bleibt nur zu hoffen, dass die Stimmen der Kritiker nicht im allgemeinen Jubel der Politik und diverser Verbände untergehen und man zu einer für alle Seiten brauchbaren Lösung kommt. Ein Mindestlohn hilft den Angestellten schließlich nur dann, wenn es auch genug Arbeitsstellen gibt, wo sie ihn verdienen können.

Quelle: AHGZ, DGB Bezirk Nord, DEHOGA Thüringen, svz.de

Artikelbild unter CC-Lizenz von blu-news.org