Dr. Oetker: Skandal beim deutschen Traditionsunternehmen?

Dr. Oetker - Öko-Test

Ende Dezember 2015 veröffentlichte die Zeitschrift Öko-Test einen Testbericht, der im Trubel um die Feiertage und in der Flüchtlings-Diskussion und den Silvesterereignissen in Köln fast ein wenig unterging. Dabei könnte dieser Bericht einen neuen Lebensmittelskandal bei einem deutschen Traditionsunternehmen auslösen. Betroffen ist die Marke Dr. Oetker, die in Deutschland quasi das Synonym für Backen darstellt. Was aber beinhaltet der Test und warum könnte dies zum Skandal werden?

Öko-Test findet Mineralöl in 14 von 26 getesteten Produkten

Wie es im Testbericht von Öko-Test heißt, fanden die beauftragten Labore in 14 der 26 getesteten Produkte von Dr. Oetker erhöhte Mengen an Mineralöl aus gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH). In vier dieser Fälle sollen laut Öko-Test sogar stark bis sehr stark erhöhte Werte aufgetreten sein. Im Testbericht heißt es weiter: „Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) können MOSH im Körper gespeichert werden und zu Schädigungen der Leber und der Lymphknoten führen.“

Öko-Test gibt auch mögliche Wege an, wie dieses Mineralöl in die Dr. Oetker-Produkte gelangt sein könnte. Im Testbericht werden einmal Verpackungsmaterialien aus recyceltem Zeitungspapier sowie die Druckerfarben der Umverpackungen genannt. Als weitere Quelle werden aber auch Schmieröle in Betracht gezogen, die in den Produktionsmaschinen eingesetzt werden.

Dr. Oetker reagiert mit ausführlicher Stellungnahme

Dr. Oetker reagierte am 28.12.2015 mit einer ausführlichen Stellungnahme auf die Vorwürfe. Darin heißt es zu Beginn: „Für Dr. Oetker haben die Qualität und Sicherheit der Produkte oberste Priorität. Bevor wir den ÖKO-TEST Bericht (01/2016) übergeordnet aus Sicht des Unternehmens bewerten, möchten wir den einzelnen Aspekten zunächst einmal nachgehen und diese im Detail prüfen.“

Gleichzeitig bemüht man sich aber bereits, auch auf einzelne Aspekte des Testberichts zu antworten. Zu den gefundenen Mineralölen heißt es in der Stellungnahme: „Zunächst weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Belastung einiger Produkte durch gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) NICHT um den Nachweis von gesundheitlich bedenklichen MOAHs (aromatische Kohlenwasserstoffe) handelt.“ Dr. Oetker führt weiter aus, dass man aufgrund des Einsatzes von Verpackungsfolien mit Mineralölbarriere davon ausgehe, dass die Rückstände nicht über die Verpackung in die Produkte gelangt sind. Vielmehr seien verwendete Rohstoffe und Schmieröle, die entlang der Produktionsketten eingesetzt werden und die für die Lebensmittelindustrie zugelassen seien, als Quelle zu diskutieren.

„Das von ÖKO-TEST beauftragte Labor hat bei einigen Dr. Oetker Produkten eine Belastung durch gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) ermittelt. Diese gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) gelten bislang als toxikologisch unbedenklich.

Bei den untersuchten Produkten handelt es sich nahe ausschließlich um Halbfertigwaren. Durch den Zusatz weiterer Zutaten sowie küchentechnischer Prozesse (Kochen, Backen) werden die Rückstände im verzehrfertigen Produkt auf vernachlässigbare Gehalte minimiert, woraus keine Belastung für den menschlichen Körper abgeleitet werden kann“, so Dr. Oetker in der offiziellen Stellungnahme weiter.

Öko-Test kritisiert fehlende Nachweise für schöne Worte

Es ist klar, dass man auf Seiten von Dr. Oetker beruhigen und die Wogen glätten will. Öko-Test kritisiert in seinem Testbericht aber noch andere Dinge. So wurden nicht nur Inhaltsstoffe untersucht, sondern auch Fragen zu Fairness und Nachhaltigkeit an Dr. Oetker gestellt. „Wie sieht es mit der Verwendung von Käfigeiern aus? Ist das verwendete Palmöl zumindest zertifiziert? Bekommen die Milchkühe Futter mit gentechnisch veränderten Bestandteilen? Wie steht es um das Engagement des Unternehmens hinsichtlich der Arbeitsbedingungen auf den Kakaoplantagen?“, lauten die Fragen im Testbericht.

Diese wurden von Dr. Oetker laut Öko-Test auch alle geduldig beantwortet, allerdings soll man Nachweise für die schönen Worte schuldig geblieben sein. So habe Dr. Oetker zwar versichert, Illegale, missbräuchliche oder erzwungene Arbeit auf Kakaoplantagen nicht zu akzeptieren, habe darauf aber keinen direkten Einfluss, da das Kakaopulver über Lieferanten bezogen werde. Es gäbe auch schriftliche Zusicherungen der Lieferanten, dass auf Kinderarbeit verzichtet werde, speziell zertifiziert ist der verwendete Kakao allerdings nicht. Ebensowenig näher belegt wurden laut Öko-Test Aussagen, dass bei Dr. Oetker keine Käfigeier und ausschließlich zertifiziertes Pamöl verwendet würden.

Auch auf diese Punkte geht Dr. Oetker in der offiziellen Stellungnahme ein. Dort heißt es allerdings nur: „Aus vertraglichen Gründen können wir Zertifikate oder anderweitige Nachweise von Lieferanten nicht veröffentlichen. Öffentlich zugängliche Nachweise wie z. B. bei den Rohstoffen Palmöl (http://www.rspo.org/members/891/Dr-August-Oetker-Nahrungsmittel-KG) und Thunfisch (http://www.delphinschutz.org/projekte/safe-delfinsicherer-thunfisch/wie-funktioniert-safe) können auf den jeweiligen Internetseiten abgerufen werden.“

Dr. Oetker: Zu viel Zucker und Aromen

Und als ob das alles nicht schon für genug Aufregung sorgen würde, kritisiert Öko-Test weiter, dass etliche Produkte pappsüß, künstlich und billig seien. Im Testbericht heißt es: „In einem Großteil der Produkte steckt viel zu viel Zucker – auch wo man es nicht erwartet – wie in den Pizzaburgern.“ Als besonders frech wird von Öko-Test außerdem eingestuft, dass ausgerechnet der für Kinder gedachte Paula-Pudding von Dr. Oetker die Hälfte des empfohlenen Tageswertes an Zucker für Erwachsene übersteigt.

Hinzu kommt die Verwendung künstlicher Aromen in etlichen getesteten Produkten. Der Testbericht dazu: „Die Zugabe von Aromen kritisieren wir in 16 von 26 Produkten. Natürliche und künstliche Aromen werden den Lebensmitteln zugefügt, um Qualitätsunterschiede auszugleichen und das Produkt zu standardisieren, das werten wir grundsätzlich ab.“

Auch zu diesen Punkten bezieht Dr. Oetker in der Stellungnahme Position. Zu den verwendeten Aromen heißt es dort: „Zum Thema Aromen können wir Ihnen mitteilen, dass Dr. Oetker in seinen Produkten keine künstlichen Aromen einsetzt. Es werden ausschließlich natürliche Aromen, natürliche Aromastoffe, Aromaextrakte und naturidentische Aromen verwendet, die der europäischen Aromenverordnung entsprechen, in der EU bewertet und ausdrücklich zugelassen sind.“

Zum Thema Zucker sagt das Unternehmen: „Dr. Oetker bietet im wesentlichen Genussprodukte an, die auch als solche beworben werden. Nichtsdestotrotz nehmen wir die Thematik sehr ernst und arbeiten stetig an Möglichkeiten der Zucker- aber auch Salzreduktion sowie der Reduktion gesättigter Fettsäuren. So haben wir z.B. bereits bei der Mehrzahl der Paula Puddinge den Gesamtzucker auf unter 13,5 g/100g reduziert.“

Wie werden die Kunden reagieren?

Im Fazit ist also festzuhalten, dass auf der einen Seite Öko-Test teils schwere Vorwürfe erhebt, die auf der anderen Seite von Dr. Oetker relativiert werden. Es ist natürlich klar, dass man versucht, die Wogen zu glätten, gleichzeitig stellt sich aber die Frage, welche Auswirkungen zu erwarten sind. Ich persönlich war zum Beispiel ziemlich geschockt, als ich von den Vorwürfen erfahren habe und so wird es sicher vielen Kunden gegangen sein, für die bisher Dr. Oetker als top Marke mit guter Qualität galt.

Das Vertrauen in die Lebensmittelindustrie dürfte so oder so ein weiteres Mal erschüttert worden sein, wenn es jetzt auch eine der deutschen top Marken mit einem möglichen Lebensmittelskandal trifft. Man darf gespannt sein, was die nächsten Tage und Wochen in dieser Sache noch bringen werden.

Quelle: Testbericht von Öko-Test und Stellungnahme von Dr. Oetker

Artikelbild unter CC-Lizenz von Franklin Heijnen