Arbeitszeitgesetz: NGG kritisiert die Forderungen des DEHOGA

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Foto: www.ngg.net

Auf seiner Jahrespressekonferenz am 11. Juni 2015 forderte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) unter anderem eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an die Lebenswirklichkeit. In einer entsprechenden Pressemitteilung des DEHOGA Bundesverbandes lautet der konkrete Vorschlag, an maximal drei Tagen pro Woche eine Arbeitszeit von bis zu zwölf Stunden zu ermöglichen. Wohlgemerkt geht es dabei nicht um eine Verlängerung der Gesamtarbeitszeit.

DEHOGA: Arbeitszeitgesetz muss an die Lebenswirklichkeit angepasst werden

Laut dem DEHOGA Bundesverband erweist sich, im Zusammenhang mit der Arbeitszeitdokumentation, die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, die im Arbeitszeitgesetz festgeschrieben ist, als zunehmendes Problem für die Branche. DEHOGA-Präsident Fischer: „Stellen Sie sich vor, eine Veranstaltung, etwa eine Hochzeitsfeier, dauert länger als geplant. Unsere Betriebe können nicht mitten in der Nacht die Mitarbeiter wechseln. Der Gastronom steht vor der Wahl: Die Hochzeitsfeier vorzeitig beenden oder ein saftiges Bußgeld bis zu 15.000 Euro zahlen.“

Burkhard Siebert, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), kritisiert die Forderung des DEHOGA indes deutlich. In einer entsprechenden Pressemitteilung der NGG wird er mit den Worten zitiert: „Mit seiner Forderung nach einer Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden setzt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband die Gesundheit der im Gastgewerbe beschäftigten Menschen aufs Spiel.“

Burkhard Siebert (NGG): „Arbeitszeit braucht Grenzen!“

Siebert kündigt für die kommenden Wochen und Monate außerdem betriebliche und öffentliche Aktionen für bessere Arbeitszeiten im Gastgewerbe an. Er sagt: „Auch diese Beschäftigten, die anderen gute Lebensqualität bieten, haben ein Recht auf Lebenszeit – deshalb gilt: Arbeitszeit braucht Grenzen!“

Siebert betont außerdem, dass die Gewerkschaft NGG die Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit und die Aushöhlung des Arbeitszeitgesetzes strikt ablehnt: Die Arbeitssituation im Gastgewerbe ist strukturell schon ungünstig: Früh-, Spät- und Nachtschichten, Wechseldienste sowie Wochenend- und Feiertagsarbeit sind aus arbeitsmedizinischer Sicht sehr belastend. Ein Viertel der Vollzeit-Beschäftigten leistet mehr als zehn Mehrarbeitsstunden pro Woche.

Hinzu komme, dass die Arbeit im Gastgewerbe von vielen widrigen physischen Faktoren, wie schweres Tragen, Arbeiten bei Hitze und Kälte oder hoher Lärmbelastung, aber auch psychischen Belastungen, wie ungünstigen Arbeitszeiten, extrem hoher Flexibilität und Leistungsdruck, geprägt sei. Das habe zur Folge, dass sich zwei Drittel der Beschäftigten nicht vorstellen könnten, ihre aktuelle Tätigkeit bis zum gesetzlichen Renteneintritt auszuüben. 70 Prozent der Beschäftigten geben an, dass sie ihre Arbeit sehr oft gestresst machen müssten.

NGG: Forderung des DEHOGA wird den Fachkräftemangel verstärken

Laut der Pressemitteilung der NGG wird die Forderung des Dehoga nach Ausweitung der Arbeitszeit und Anpassung des Arbeitszeitgesetzes wie ein Brandbeschleuniger wirken und den Fachkräftemangel in der Branche verstärken. Die langen Arbeitszeiten seien ein Faktor für den dramatischen Rückgang der Ausbildungszahlen, wie der DGB-Ausbildungsreport belege (seit 2007 sank die Zahl der Ausbildungsplätze um 50.000).

Schon heute halten sich laut der NGG viele Arbeitgeber nicht an die Gesetze und würden dies wohl auch bei einer Abänderung des Arbeitszeitgesetzes nicht tun, so dass sich die Arbeitszeit in der Gesamtsumme noch stärker verlängern würde. Die NGG betont weiter, dass die Arbeitgeber es selbst in der Hand hätten und in der Verantwortung seien, mit guter Planung die Arbeitszeiten gesetzeskonform zu gestalten. Das unternehmerische Risiko, notwendige Zeitreserven, zum Beispiel bei einer Hochzeit, nicht ausreichend eingeschätzt zu haben, sei keineswegs neu und dürfe nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden.

Burkhard Siebert betont: Die im Gastgewerbe Beschäftigten brauchen gute Arbeitsbedingungen, Tariflöhne, die auf der Basis der Normalarbeitszeit ein auskömmliches Leben ermöglichen. Die Arbeitszeit braucht Grenzen. Deshalb: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz.

Auch auf der Facebook-Seite der NGG wird das Thema diskutiert und die Nutzer sind dabei weitestgehend der gleichen Meinung, wie die NGG. So schreibt zum Beispiel der Nutzer Michael Gottbehüt: Super… am besten führen wir doch gleich wieder die 16-Stunden-Tage ein, Schlaf und Erholung sind eh überbewertet. Und natürlich kostenneutral. Gelten diese 12-Std. dann auch fürs Management und die Chefs größerer Betriebe?“

Martin Linthe ergänzt: Wenn die Bezahlung nur auch so viel wäre in den Betrieben! Diese Forderung ist doch jenseits aller menschlichen Rahmenbedingungen! Wie lang wird eigentlich bei der DEHOGA gearbeitet????

Nutzer Hendrik Hell Yeah stellt außerdem fest: Ich habe seit meiner frühen Jugend in der Gastronomie gearbeitet. In den meisten Betrieben in denen ich gewesen bin war es die absolute Ausnahme einmal 10 Stunden da zu sein. Daher behaupte ich einfach einmal: Wer sein Personal länger als 10 Stunden einsetzt kann einfach nicht richtig planen.

Quelle: Pressemitteilungen des DEHOGA Bundesverbandes und der NGG sowie die offizielle Facebook-Seite der NGG