270 Jahre Villeroy & Boch: Pioniere, Erfinder, leidenschaftliche Gestalter

270 Jahre Villeroy & Boch - Modern Dining to go

Seit seiner Gründung 1748 hat sich Villeroy & Boch zu einem der weltweit führenden Unternehmen der Keramikbranche und einer Lifestyle-Marke zugleich entwickelt. Wie das gelang – und sich das Unternehmen dabei doch immer treu blieb – zeigt der Rückblick auf eine einzigartige Geschichte.

Ein Kaufmann und ein königlicher Kanonengießer: Sie schreiben die ersten Kapitel einer außergewöhnlichen Familien- und Unternehmensgeschichte. Der Kanonengießer, „Bombardier du Roi“, ist der Franzose François Boch. Mit seinen drei Söhnen beginnt er 1748 im lothringischen Audun-le-Tiche Keramikgeschirr herzustellen. 1767 eröffnet er eine Manufaktur in Septfontaines/Luxemburg. Das neue Werk namens „Manufacture Impériale et Royale“ wächst schnell zum ersten Großbetrieb des Landes heran. Das Geschirr wird allgemein „in Luxemburger Art“ genannt und markiert den Auftakt zur frühindustriellen Serienproduktion – und „Septfontaines“ wird grenzüberschreitend zum Synonym für Qualität.

270 Jahre Villeroy & Boch - Old LuxembourgDer Schritt nach Mettlach, damals im französischen Departement Sarre, folgt 1809: Jean-François, ein Boch der 3. Generation, kauft die ehemalige Benediktinerabtei und errichtet dort eine weitgehend mechanisierte Geschirrfabrikation. Jean-François wurde an der Pariser École de Sciences ausgebildet; er entwickelt nicht nur ein neues Ofensystem oder einen Pyrometer*, sondern auch ein weißes, extrem festes Steingut, das erheblich günstiger ist als das teure Porzellan. Damit macht er das „weiße Gold“ für breitere Schichten erschwinglich: Die Demokratisierung der Tischkultur beginnt.

Auch der Kaufmann Nicolas Villeroy setzt auf Keramik und Innovationen. 1791 wird er Teilhaber, später Inhaber einer Steingutfabrik. Er gehört zu den ersten, die Kohle als Brennstoff zur Keramikerstellung nutzen. Er holt sich Experten aus England und Frankreich, um seine Fabrik zu modernisieren. Und er führt das Kupferdruckverfahren ein, mit dem er dekorierte Produkte preisgünstiger anbieten kann.

Villeroy & Boch: Zwei Familien, ein globales Unternehmen

Boch und Villeroy sind Wettbewerber. Beide wollen bestehen – vor allem gegen die dominierende englische Industrie. 1836 schließen sie sich zusammen, und ihr Unternehmen wächst schnell. 1843 entsteht die Cristallerie Wadgassen: Gläser sollen die Tischkultur abrunden und die Marktchancen im In- und Ausland verbessern. Es funktioniert. Paris, London, Warschau, Moskau und St. Petersburg, Skandinavien, Südeuropa und schließlich Nord- und Südamerika: Villeroy & Boch erobert die Tische der Welt. Das Unternehmen wird einer der ersten Global Player des 19. Jahrhunderts.

270 Jahre Villeroy & Boch - Mettlacher PlattenInspiriert von einem archäologischen Fund beginnt Eugen Boch (die 4. Generation), mit Fliesen zu experimentieren. Das Resultat: die „Mettlacher Platten“ (Bild rechts), die dank ihrer Robustheit und Ästhetik weltweit ein Erfolg werden. 1869 entsteht die erste „Mosaikfabrik“, bald darauf entsteht in Merzig die größte Bodenfliesenproduktion der Welt. Das Moskauer Bolschoitheater, der Kölner Dom, der Tunnel unter dem Hudson bei New York: Sie alle werden mit „Mettlacher Platten” ausgestattet.

1856 gründet Eugen Boch die Steingutfabrik in Dresden; 1879 führt er ein völlig neues Produkt ein: künstlerische Terrakotten, gefertigt aus einem selbst entwickelten Material, das anderen Baustoffen weit überlegen ist. Bis heute schmückt diese „Bauzier” historische Herrenhäuser, Kathedralen, Banken und Schlösser.

Von der Tischkultur zur Sanitärkeramik

Eugen Boch erkennt bald weiteres Potenzial für die Keramik. Er widmet sich um 1900 einem Bereich, der dem größten Teil der Bevölkerung nahezu unbekannt ist: dem privaten Bad. Waschgeschirre produziert das Unternehmen bereits lange; 1876 beginnt in Wallerfangen die Fertigung von „Wasserleitungsgegenständen“ – den ersten Sanitärkeramiken. Bald folgt die Großproduktion von Wannen und Toiletten. Das neue „Schlickergießverfahren“, bei dem die flüssige keramische Masse in Formen gegossen wird, und Feuerton, der sich beim Brennen kaum verzieht, sind der Schlüssel zur Serienfertigung – damit werden auch Badausstattungen erschwinglicher.

An der Schwelle zum 20. Jahrhundert ist Villeroy & Boch weltweit ein Begriff. Seine Produkte sind stilbildend. Sie werden auf Weltausstellungen präsentiert und prämiert. Das Unternehmen liefert feinstes Tafelgeschirr an europäische Herrscherhäuser und das Großbürgertum, es stattet Prestige-Objekte, aber auch Schwimmbäder, Hotels und Banken mit Fliesen, Terrakotten oder Sanitärprodukten aus.

Unternehmer mit sozialem Anspruch

270 Jahre Villeroy & Boch - HauptverwaltungAuch privat sind die Familien miteinander verbunden. Eugen Boch (er wird 1892 als „von Boch“ in den königlich preußischen Adelsstand erhoben) heiratet 1842 Octavie Villeroy, die Enkelin von Nicolas Villeroy. Die Familien machen aber nicht nur als Unternehmer von sich reden. Nicolas Villeroys Tochter Leonie gründet 1857 mit ihrem Mann Adolphe de Galhau die Sophien-Stiftung zur Unterstützung bedürftiger Familien. Pierre-Joseph Boch, Sohn von Gründer François, initiiert ein Sozialwerk mit Kranken-, Unfall-, Invaliditätsversicherung und Pensionskasse; es dient Bismarck später als Vorbild für die erste deutsche Sozialversicherung. Béatrice von Boch-Galhau (1914-2011) ist Initiatorin und Gründerin des SOS-Kinderdorf Saar in Merzig.

Tradition und Moderne stilsicher vereint

Der Bund zwischen den Unternehmen und Familien überdauert politische Auseinandersetzungen, zwei Weltkriege und die Grenzverschiebungen der Region Saar. Heute strahlt die Marke Villeroy & Boch in die ganze Welt: gefestigt durch die Erfahrung von 270 Jahren, durch Innovationskraft, durch 7.500 Mitarbeiter – und durch die Familien, deren Vertreter bis heute aktiv im Unternehmen mitwirken.

Ein offenes Geheimnis des Erfolgs von Villeroy & Boch ist die Kunst, Tradition und Moderne immer wieder erfolgreich in Einklang zu bringen. So auch im Jubiläumsjahr 2018: Genau 250 Jahre nach seiner Erschaffung ersteht das erste und älteste Dekor des Unternehmens neu auf: Die zarte blaue Blütenranke von „Alt-Luxemburg“, die Brindille, wird – zeitgemäß adaptiert und interpretiert – in der gleichnamigen Geschirrserie „Vieux Luxembourg Brindille“ geehrt. Der Blick zurück wird zum Blick nach vorn. Der Kreis schließt sich, immer wieder.

*Thermometer zur berührungslosen Temperaturmessung

Quelle: Pressemitteilung von Villeroy & Boch

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